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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 13.07.2009
Aktenzeichen: 11 Verg 1/09
Rechtsgebiete: RVG-VV
Vorschriften:
RVG-VV Nr. 2300 | |
RVG-VV Nr. 2301 |
Gründe:
I.
Mit Beschluss vom 10.11.2008 (69 d VK 53/2008) hat die 1. Vergabekammer des Landes Hessen auf den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin die Antragsgegnerin verpflichtet, die Wertung der Angebote neu und unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer vorzunehmen und entschieden, dass die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin trägt; zudem erklärte sie die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin für erforderlich.
Auf Antrag der Antragstellerin vom 19.11.2008 setzte die 1. Vergabekammer des Landes Hessen mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4.3.2009 (69 d VK 53/2008) die von der Antragsgegnerin der Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 1.220,60 € fest.
Dieser Betrag enthält eine 2,2-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) in Höhe von 1.157,20 €.
Gegen die Festsetzung dieser Position in dem ihr am 18.3.2009 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Antragsgegnerin mit am 31.3.2009 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 24.3.2009 sofortige Beschwerde erhoben.
Sie ist der Ansicht, es sei nur eine 1,1-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2301 VV-RVG in Höhe von 578,60 € festzusetzen, da der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin bereits im Ausschreibungsverfahren tätig geworden sei.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Kostenfestsetzungsbeschluss der 1. Vergabekammer des Landes Hessen vom 4.3.2009 abzuändern und die von der Antragsgegnerin der Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 642,00 € festzusetzen.
Die Antragstellerin beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen,
hilfsweise,
festzustellen, dass die anwaltliche Vertretung der Antragstellerin im Vergabegabeverfahren gemäß § 128 Abs. 4 GWB als auch im Nachprüfungsverfahren notwendig ist.
Sie verteidigt die Entscheidung der Vergabekammer und ist der Meinung, die Erhebung der Rüge sei dem Nachprüfungsverfahrens zuzurechnen.
Zum Hilfsantrag ist sie der Ansicht, es seien sowohl eine 1,5-fache Gebühr nach Nr. 2300 VV-RVG als auch eine 1-fache Gebühr nach Nr. 2301 VV-RVG erstattungsfähig.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist nach § 116 Abs. 1 GWB statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Sie hat auch in der Sache Erfolg, denn die Geschäftsgebühr bemisst sich im vorliegenden Fall nach § 2 Abs. 2 RVG i. V. mit Nr. 2301 VV-RVG.
Für seine Tätigkeit im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer verdient der Rechtsanwalt in Ermangelung eines konkreten Gebührentatbestands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 Abschnitt 3 VV-RVG (BGH, Beschluss vom 23.09.2008, X ZB 19/07, VergabeR 2009, 39).
Die Gebührentatbestände Nr. 2300 und Nr. 2301 RVG-VV sind dabei im Nachprüfungsverfahren genauso anzuwenden, wie sie im verwaltungsrechtlichen Vorverfahren anzuwenden wären (BGH, wie vor).
Danach kommt hier die Gebühr nach Nr. 2301 RVG-VV zur Anwendung, weil der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin diese bereits im Vergabeverfahren vertreten hat, indem er für die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 26.9.2008 gegenüber der Antragsgegnerin einen Vergabeverstoß gerügt hat.
Die Rügen, welche die Bieter noch im Verlauf des Ausschreibungsverfahrens erheben, zählen zum Vergabeverfahren und nicht zum Nachprüfungsverfahren (vgl. etwa Summa in: jurisPK-VergR, 2. Aufl. 2008, VT 1 zu § 128 GWB Rn 24). Dass diese Rügen nicht zum Verfahren vor der Vergabekammer gehören, zeigt auch § 107 Abs. 1 GWB, der den Beginn des Verfahrens an die Stellung eines Nachprüfungsantrages knüpft (OLG München, Beschluss v. 07.10.2005, Verg 7/05, VergabeR 2006, 291).
Die Antragstellerin kann auch nicht eine 1,5-fache Gebühr nach Nr. 2300 VV-RVG und eine 1-fache Gebühr nach Nr. 2301 VV-RVG erstattet verlangen.
Es kann insoweit dahinstehen, ob der Feststellung, dass die anwaltliche Vertretung der Antragstellerin auch im Vergabegabeverfahren notwendig war, nicht schon die Bestandskraft der Kostengrundentscheidung entgegensteht. Für eine Erstattung der im Vergabeverfahren entstandenen Rechtsanwaltsgebühren fehlt nämlich eine gesetzliche Grundlage.
War der Rechtsanwalt schon im Vergabeverfahren für einen Beteiligten des späteren Nachprüfungsverfahrens tätig, so hatte er zwar bereits durch diese Tätigkeit die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG verdient (Summa in: jurisPK-VergR, 2. Aufl. 2008, VT 1 zu § 128 GWB Rn 24). Diese Gebühr ist jedoch nicht erstattungsfähig.
Wenn ein Rechtsanwalt wie hier sowohl im Vergabeverfahren (Verwaltungsverfahren) als auch im Nachprüfungsverfahren (Widerspruchsverfahren) tätig wird, kann im Wege der Kostenerstattung durch die Behörde nach § 80 Abs. 2 VwVfG nur die Geschäftsgebühr aus Nr. 2301 VV RVG festgesetzt werden (vgl. zum Verwaltungsverfahren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss v. 07.02.2008, 13 S 2939/07, Justiz 2008, 231).
Der Höhe nach ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls in Anlehnung an die Ausführungen der Vergabekammer zum Gebührensatz für die Gebühr nach Nr. 2300 VV-RVG eine 1,1-fache Gebühr nach Nr. 2301 VV-RVG angemessen. Danach waren unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2301 VV-RVG in Höhe von 578,60 € insgesamt 642,00 € festzusetzen.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 91 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert entspricht dem Änderungsinteresse der Beschwerdeführerin.
Ende der Entscheidung
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